Warum Gehälter in Unternehmen zum Chaos werden
Im Laufe unserer Karrieren vor der Gründung von Echometer haben wir viele Beispiele kennengelernt, bei denen Diskussionen zur Vergütung zum Produktivitätsblocker #1 in Teams wurden. Die Diskussionen sind hoch emotional und können sogar ein ansonsten tolles Team auseinanderbrechen lassen.
Vergütung ist in Unternehmen oft ein „historisch gewachsenes“ Problem. Mitarbeitende bekommen über die Jahre regelmäßig Gehaltserhöhungen. Je nachdem wie gut es dem Unternehmen geht, fallen die Erhöhungen mal größer oder kleiner aus.Gleichzeitig ist es praktisch unmöglich ein einmal erreichtes Gehaltsniveau wieder zu senken – selbst wenn Verantwortung und/oder Leistung dies erfordern würde.
Gerade für junge Kolleg*innen am Anfang ihrer Karriere, werden (an ihrer Leistung gemessen) überbezahlten Mitarbeiter dann zur Benchmark. Gemessen an ihrem Beitrag, fühlen sich die jungen Kolleg*innen unterbezahlt. Um diese Konflikte zu vermeiden, versuchen viele Personalabteilungen (natürlich nicht alle) ein großes Geheimnis um die Gehälter zu machen. Kommen dann unverhältnismäßige Gehaltsunterschiede doch zu Tage, ist das Vertrauen der Mitarbeitenden verloren und die Abwärtsspirale nimmt ihren Lauf.
Diese Ungerechtigkeit zeigt sich unter anderem auch im Gender Pay Gap. Nach wie vor zeigen Studien immer wieder, dass wir als Gesellschaft weiterhin nicht in der Lage sind, eine faire Vergütung unabhängig vom Geschlecht umzusetzen.
Kurzum: Wenn man nicht aufpasst, wird die Vergütung in Unternehmen schnell zum Chaos.
#NewPay & #EqualPay - wir wollen die Vergütung wieder in Ordnung bringen
Für uns bei Echometer war klar, dass wir solche Sackgassen von Anfang an vermeiden wollen. Inspiriert von transparenten Vergütungsmodellen wie „newpay“ bei Einhorn in Berlin, begannen wir, uns tiefer mit dem Thema auseinanderzusetzen.
In der Praxis bei etablierten Unternehmen sind Begehrlichkeiten und Vorbehalte derer, die von intransparenten Gehältern profitieren, häufig der Grund, warum es zu keiner systematischen Verbesserung kommt. Wir stellten fest, dass wir in der komfortablen Lage waren, dass die Vergütung unter uns drei Gründern und den ersten Mitarbeitenden bereits von Anfang an transparent war.
Die Aufrechterhaltung eines transparentes Vergütungsmodell schien uns der beste Weg, um auch langfristig eine faire Vergütung zu gewährleisten und gleichzeitig #EqualPay zu garantieren.
Der Weg zu unserem eigenen Vergütungsmodell
Nachdem wir recherchiert haben, wie Unternehmen wie Einhorn, Buffer und andere ihre Vergütungsmodelle aufbauten, haben wir erste Entwürfe erstellt, wie ein Vergütungsmodell aussehen könnte. Kriterien, die es für ein Vergütungsmodell zu beachten gilt, sind zum Beispiel:
- Wie hoch soll das Grundgehalt, also quasi der interne Mindestlohn sein? Soll dieses Grundgehalt einheitlich für alle sein, oder unterschiedlich pro Rolle?
- Wie wird Erfahrung im Gehalt berücksichtigt? Also quasi ein Bonus für Berufserfahrung, Praktika, Studium und Ausbildung?
- Wie sollen soziale Umstände berücksichtigt werden? Hier war uns besonders wichtig auch Kinder oder hilfsbedürftige Familienmitglieder mit in das Gehalt mit einzubeziehen.
- Wie wird individuelle Leistung berücksichtigt? Braucht es tatsächlich individuelle Zielvereinbarungen, oder reicht es, Team- / Unternehmensziele zu definieren? Außerdem zu beachten: Mit welcher Gewichtung sollen diese ins Gehalt fallen?
- Falls wir uns für individuelle Boni entscheiden: Wie messen wir die individuelle Leistung? Soll hier eine Selbst-, oder Peer-Bewertung als Komponente einfließen?
- Wie soll die (in Startup-typische) Mitarbeiterbeteiligung (VSOP) gestaltet werden? Warten wir vor der Einrichtung noch auf die bald anstehende (und hoffentlich nochmal nachgebesserte) #ESOPasap Reform (siehe Diskussion Olaf Scholz und Bundesverband Deutsche Startup)?
Wir diskutierten diese Variablen offen mit dem Team und fanden heraus, was unserem Team wichtiger und weniger wichtig war. Natürlich mussten wir das Thema als Gründer auch aus der unternehmerischen Perspektive betrachten:
- Welches Durchschnittsgehalt können wir uns tatsächlich finanziell leisten?
- Ist das Gehaltsmodell attraktiv genug, um Top-Talente und auch erfahrene Mitarbeitende einzustellen?
- Welche Art von VSOP sind wir bereit, mit den Mitarbeitenden zu teilen?
- Sollen die Gründer in das Gehaltsmodell einbezogen werden?
Eines der Ergebnisse aus der Diskussion war zum Beispiel, dass wir vorerst nur Teamziele und keine individuellen Ziele definieren. So konnten wir ein einfach zu verstehendes und leicht zu pflegendes Vergütungsmodell entwerfen und dabei die meisten Wünsche unseres Teams und unsere unternehmerischen Bedürfnisse relativ gut vereinbaren. Das Ergebnis sieht wie folgt aus:
Das transparente Vergütungsmodell bei Echometer
Die Bestandteile
Zusammengefasst besteht die Vergütung bei Echometer aus folgenden Bestandteilen:
- Monatliches Grundgehalt: Dieses liegt für “Software Entwickler*innen” bei 3.000 €, für alle anderen Rollen bei 2.400 €. Durch die Unterscheidung kommen wir den unterschiedlichen marktüblichen Gehältern im Bereich der Softwareentwicklung entgegen. Bei Erreichung von definierten Umsatzmeilensteinen steigt dieses Grundgehalt automatisch stufenweise um jeweils + 250€.
- Zusätzliche fixe Elemente, die individuell pro Person auf das monatliche Grundgehalt addiert werden:
- Erfahrungsbonus: Hier haben wir ein Punktesystem, was für jedes abgeschlossene Studium und jedes Jahr relevanter Berufserfahrung einen Punkt vorsieht. Ab dem zweiten Punkt gibt’s +100€ pro Punkt, der Bonus ist auf 10 Punkte gedeckelt.
- Sozialbonus: + 200€ für jedes pflegebedürftige Familienmitglied im eigenen Haushalt sowie jedes unterhaltungspflichtige Kind, gedeckelt bei in Summe vier.
- Loyalitätsbonus: + 100€ für jedes Beschäftigungsjahr bei Echometer
- Jährlicher Bonus für die Erreichung der Teamziele: Bei den Teamzielen haben wir uns im ersten Schritt für Umsatzziele entschieden, die entsprechend für alle Mitarbeitenden gleich lauten. Bei 100% Zielerreichung ist der Bonus bei Softwareentwickler*innen zusätzlich 10% auf das Jahresgehalt, bei allen anderen Rollen 25% zusätzlich auf das Jahresgehalt. Die Zielerreichung ist bei 150% gedeckelt.
* 👋 Hi, kurzer Hinweis: Wir haben die Höhe einiger Bestandteile in unserem Gehaltsmodell in der Zwischenzeit zu Januar 2022 angepasst (siehe unten).
Mitarbeiterbeteiligung via VSOP
Eine Mitarbeiterbeteiligung über den VSOP ist aktuell kein Automatismus und wird erst nach einem Jahr Beschäftigung individuell vereinbart.
Relevante Kriterien für die Zuteilung sind (1) individueller fachlicher Beitrag, (2) individueller Beitrag zur Teambildung & Mentoring (3) individueller Beitrag zur Gestaltung der strategischen Ausrichtung.
Gehaltserhöhungen inklusive
Die Umsatz-Meilensteine, der Loyalitätsbonus und der auch während der Beschäftigung steigende Erfahrungsbonus haben einen für uns wichtigen Nebeneffekt: Die Gehälter verbessern sich automatisch mit dem Wachstum von Echometer und der Beschäftigungszeit.
Es ist also kein ständiges Verhandeln notwendig, da der Mechanismus Gehaltssteigerungen von Anfang vorsieht.
Gehaltsmodell gilt auch für Gründer
Ergänzend ist zu erwähnen, dass das Gehaltsmodell sich auf alle Arbeitnehmer*innen bezieht. Auch wir als Gründer und angestellte Geschäftsführer wenden das Modell entsprechend auf uns an.
Die Vergütung von Werkstudent*innen, Freelancer*innen und Trainees ist nicht Teil des Gehaltsmodells. Arbeitnehmer*innen in Teilzeit werden alle Komponenten anteilig berücksichtigt, wobei wir von 40 Wochenarbeitsstunden ausgehen. Die Einteilung der Arbeitszeit als auch der Arbeitsort (siehe unser Artikel zu “Remote First”) sind individuell frei gestaltbar.
Gehaltsrechner zum selber rechnen
Gerne verlinken wir hier auch die genaue Formulierung des Gehaltsmodells in Deutsch & Englisch (minimale Schwärzungen was die Umsatzziele angeht) und einen Google Sheet Gehaltsrechner, mit dem du dein hypothetisches Gehalt bei Echometer ausrechnen kannst.
Abschließende Gedanken zu transparenten Vergütungsmodellen
Wir bewundern den Mut, anderer Startups, ihr Gehaltsmodell transparent zu machen und damit möglicherweise kritische Fragen auf sich zu ziehen. Natürlich wissen auch wir, dass unser Vergütungssystem nicht perfekt ist und, dass es berechtigte Kritik geben wird.
Wir sind trotzdem der Überzeugung, dass ein transparentes System der richtige Weg ist. Ähnlich wie auch “Open Source” Projekte in der Softwareentwicklung, schaffen transparente Vergütungsmodelle einen offenen Diskurs und die Möglichkeit, die eigenen Perspektiven kontinuierlich zu hinterfragen und so bessere Ergebnis zu erreichen. Durch die Transparenz entsteht ein gesellschaftlicher Mehrwert für sowohl Mitarbeitende, als auch andere Unternehmen und Startups, die ihre Gehaltsmodelle verbessern wollen.
In unserem Fall hat sich das transparente Vergütungsmodell glücklicherweise bereits in der Praxis bewährt. Viele Bewerber*innen reagieren positiv auf unseren Ansatz. Auch wenn es natürlich einen Nachteil gibt: Das Modell zeigt Bewerber*innen, dass es keinen Verhandlungsspielraum gibt, wenn es um die Vergütung geht. Das nehmen wir (Stand heute) aber gerne in Kauf, weil Bewerber*innen im Gegenzug wissen, dass sie fair behandelt werden, und, dass auch alle anderen zu den gleichen Bedingungen vergütet werden.
Was ist deine Meinung? Wir freuen uns über Anregungen, kritische Fragen & Co.
Positiv angetan von der Idee? Dann lohnt sich vielleicht ein Blick in unsere offenen Stellen bei Echometer!
Unser Update zu Januar 2022
In 2021 haben wir einige Erfahrungen mit dem transparenten Gehaltsmodell sammeln können. Als Zwischenfazit kann man sagen: Für uns hat es sich bewährt.
Mit steigendem Wachstum und entsprechendem Bedarf nach Top-Talenten haben wir in Abstimmung mit dem Team für 2022 folgende Anpassungen vorgenommen, um unsere Vergütung noch attraktiver zu machen:
- Erfahrungspunkte: Jeder Punkt gibt jetzt +150€ und wir zählen ab dem ersten Punkte (Vorher: +100€ ab dem zweiten Punkt)
- Loyalitätsbonus +200€ (vorher +100€)
- Die jährlichen Teamziele haben wir in quartalsweise Teamziele verkürzt. Im Startup-Umfeld ist ein Jahr einfach zu lang und quartalsweise Ziele scheinen uns deutlich greifbarer und damit motivierender.
Auch in 2022 fahren wir also grundsätzlich das gleiche Gehaltsmodell, nur besser. Hier findest du das aktualisierte Google-Sheet des Gehaltsmodells zum selber rechnen 🙂