The development team considers sprint retrospective isn't necessary - what should a Scrum Master do? 7 Tips!

“Die Retro ist überflüssig”: 7 Tipps wie du reagieren kannst

Viele sagen, dass die Retrospektive die wichtigste Zeremonie im agilen Werkzeugkasten ist. Woody Zuill drückt es so aus: 

Wenn Sie nur eine #agile Praxis einführen, dann sollten es Retrospektiven sein. Alles andere wird folgen.

Woody Zuill

Warum ist es also überhaupt möglich, dass ein Entwicklungsteam die Sprint-Retrospektive für überflüssig hält? Nach meiner Erfahrung als Scrum Master und Psychologe hat dies meist mit dem Reifegrad des Teams zu tun.

Was kannst du also tun, um den Reifegrad deines Teams zu verbessern – in diesem Zusammenhang und auch allgemein? Hier sind 7 Gedanken, 7 Tipps, die dir bei dieser Herausforderung helfen werden.

Das Team hält die Retrospektive für überflüssig: was tun?

Die offizielle Antwort gemäß der Scrum-Zertifizierungsprüfung ist übrigens diese hier: Der Scrum Master sollte am Team arbeiten, um es effizienter zu machen (Englisch: “The Scrum Master would work on the team to make it more efficient”). Mh, das hilft nicht wirklich weiter. Was könnte damit gemeint sein?

Der Scrum Master sollte am Team arbeiten, um es effizienter zu machen

Die offizielle Rolle eines Scrum Masters ist folgendermaßen, wenn man sich den Scrum Guide anschaut: „Der Scrum Master ermutigt das Scrum Team, seinen Entwicklungsprozess und seine Praktiken im Rahmen des Scrum Prozesses zu verbessern, um ihn für den nächsten Sprint effektiver und angenehmer zu gestalten.“

In der Theorie bedeutet dies, dass die Retrospektive eine zentrale Veranstaltung des Scrum Masters sein sollte, da der Hauptzweck der Retrospektive darin besteht, dem Team zu helfen, sich kontinuierlich zu verbessern. In der Praxis hat das Team jedoch vielleicht nicht den Reifegrad, um eine Retrospektive wirklich zu nutzen und es sieht deshalb ihren Wert nicht. Aus diesem Grund interpretiere ich persönlich die Aussage „das Team effizienter machen“ auf einer abstrakten Ebene als „den Reifegrad des Teams erhöhen“. Wie kann man das in diesem Zusammenhang tun? Bevor wir mit den Tipps dazu anfangen, noch eine Erläuterung 🙂

Die Retro wird dann als wertvoll betrachtet, wenn man sich tatsächlich kontinuierlich verbessert. Dann ist das Gefühl der Autonomie, der Selbstorganisation und Selbstwirksamkeit hoch. Was zu der Hypothese führt: Die wahrgenommene Qualität von Retrospektiven ist einer der besten Indikatoren für den (agilen) Reifegrad eines Teams. 

Wenn man den agilen Reifegrad messen möchte – dann sollte man die Qualität von Retrospektiven als einen Indikator herbeiziehen. Dies ist der zeitlich typische Zusammenhang zwischen “wahrgenommener Qualität der Retrospektive” und “Agilem Reifegrad” eines Teams.

Folgendermaßen kommt dieser Verlauf zustande: 

  1. Erste Retros werden durchgeführt, es werden Maßnahmen aufgeschrieben. Das Gefühl entsteht: Es passiert endlich etwas! 
  2. Die Maßnahmen werden nicht wirklich implementiert. Es wird viel geredet, aber wenig passiert. 
  3. Nach einiger Zeit entsteht Frustration oder einfach nur die so genannte “Retro-Müdigkeit”. Jetzt kommt das Phänomen dieses Artikels auf: Die Retrospektive wird als überflüssig betrachtet. Das Team selber nimmt sich als relativ reif wahr und sieht keine Probleme.
  4. Dieser Punkt wird nur von wenigen Teams erreicht. Nämlich dann, wenn die Qualität der Retros wieder zunimmt und sie letztlich zu spürbaren Verbesserungen führt und so das Gefühl der Selbstwirksamkeit langsam reift. 

Die Tipps in diesem Text hier helfen hoffentlich, ein paar Schritte in diese Richtung zu gehen. Sehr empfehlen kann ich jedoch auch unseren Text zu “7 Tipps für gute Action Items”, die eine weitere Rolle bei diesem Thema spielen.


1. Verstehe, warum das Team eine Retrospektive für unnötig hält

Als Scrum Master hast du vielleicht eine Hypothese, warum das Team die Sprint-Retrospektive für überflüssig hält. Aber bitte prüfe diese Hypothese. Frag das Team ausdrücklich nach den Hintergründen.

Oftmals gibt es einen „Meinungsführer“ im Team, der einen großen Einfluss auf das Team hat. Versuche, diese Person herauszugreifen, ihre Sichtweise zu verstehen und bestenfalls gemeinsam mit ihr die Gegenmaßnahmen auszugestalten (siehe unten).

Je besser du das Team verstehst, desto besser kannst du einen Plan entwickeln, um den Reifegrad des Teams zu erhöhen und aus den folgenden Tipps die am besten geeigneten auswählen.

2. Führe die Retrospektive durch

Du solltest die Retrospektive grundsätzlich durchführen. Nehmen wir mal an, das Team braucht einfach mehr Zeit, um sein Sprint-Ziel zu erreichen – und eine Stunde Coding anstelle der Retro könnte entscheidend sein. In diesem Fall ist es okay, die Retrospektive um ein paar Tage zu verschieben.

Du kannst auch die Art der Retrospektive ändern, sie kürzer halten usw.. Aber die beste Möglichkeit, dem Team den Wert einer Retrospektive zu zeigen, besteht darin, eine wirklich gute Retrospektive durchzuführen. Deshalb ist mein Appell, reserviere in jedem Fall einen Slot in eurem Team Kalender für die Retro.

3. Miss den ROTI-Wert

Was man nicht misst, kann man nicht ändern. Eine einfache und schnelle Gewohnheit, die dir hilft, kontinuierlich zu bewerten, wie das Team die Retros wahrnimmt, ist die Messung des ROTI-Scores: Der „Return on time invest“-Wert. Stelle einfach die folgende Frage nach jeder Retrospektive, vielleicht als Check-out: „Auf einer Skala von 0 bis 10, wie gut war die Zeit für diese Retrospektive investiert?“. Miss den Durchschnitt über die Zeit – hoffentlich kannst du schon bald einen positiven Trend erkennen!

Der durchschnittliche “Return-on-time-invest” Score auf einer Skala von 0 bis 10 pro Monat im Echometer Tool – lohnen sich die Retros? Es scheint so!

4. Halte deine Sprint-Retrospektive sehr kurz

Das Entwicklungsteam hält die Sprint-Retrospektive also für überflüssig – was solltest du als Scrum Master jetzt tun?

Wie ich eingangs erwähnte, ist das Team wahrscheinlich der Meinung, dass eine Sprint-Retrospektive nicht notwendig ist, weil es sie für Zeitverschwendung hält.

Mit anderen Worten: In den letzten Retrospektiven haben sie offenbar “gelernt”, dass der ROTI einer Retrospektive – also die Qualität der investierten Zeit, siehe oben – eher schlecht ist. Ein gibt einen recht einfachen Ansatz, dies zu ändern: bei gleichem Output einfach weniger Zeit zu investieren 🙂

Das ist vielleicht der beste Tipp, wenn das Team die Sprint-Retrospektive für überflüssig hält. Sag deinem Team: Okay, wir werden sie so kurz wie möglich halten (mehr dazu in unserem Blogbeitrag „Kurze Retrospektive – besser schnell als gar nicht„). 

Wichtig: Du willst nicht signalisieren, dass es für immer so bleiben wird. Deine Message bleibt die gleiche: Retrospektiven sind wirklich wichtig sind. Früher oder später werden die Retrospektiven nicht mehr so kurz sein.

Aber du verkürzt die Retrospektive (z. B. von 60 Minuten auf 30 Minuten), weil das Team auf diese Weise lernt, wie wichtig es sein kann, die Zeit zu investieren. Und du lässt die Länge der Retrospektive quasi “organisch” wachsen, durch einen „Pull“ bzw. “Wunsch” des Teams, denn irgendwann wird es sich mehr Zeit für die Retrospektive wünschen. Wie macht man das? 

Man stellt einfach die wichtigste Frage:

„Warum haben wir es nicht geschafft, alle für die letzte Iteration festgelegten User Stories abzuschließen?“

Dies wird zu einigen intensiven Diskussionen und wahrscheinlich auch zu Ideen für Maßnahmen in kurzer Zeit führen. Es könnte sogar zu längeren Diskussionen führen. Und schon hat das Team signalisiert, dass es mehr Zeit für eine Retrospektive braucht (natürlich ist es deine Aufgabe, die Diskussion konstruktiv zu halten).

Du solltest grundsätzlich die Frage stellen, von der du glaubst, dass sie gute Gedanken bzw. Diskussionen im Team auslöst. Und du solltest immer das Ziel haben, ein Experiment festzuhalten, dass ihr im nächsten Sprint ausprobier (auch bekannt als Action Item).

5. Schlage vor, auch andere Routinen wegzulassen

Das Team denkt also, dass eine Retrospektive Zeitverschwendung ist. Okay. Als Scrum Master sollte dein Hauptziel nie sein, die Person zu sein, die Scrum implementiert. Nein, es geht nicht um “Scrum”. 

Es geht darum, dass das Team erfolgreich ist und dem Kunden und den Stakeholdern einen Mehrwert liefert. Scrum soll dem Team dabei helfen. Aber es ist nur ein Rahmenwerk, ein Methodenkoffer (ein ziemlich guter) von vielen möglichen Ansätzen, um einen Mehrwert schnell, nachhaltig und mit hoher Qualität zu liefern.

Wenn das Team also bezogen auf Retros unzufrieden ist, kannst du betonen, dass du Scrum aus der soeben beschriebenen Perspektive betrachtest. Und dann fügst du hinzu, dass du glaubst, dass einige der anderen Routinen, die ihr habt, eigentlich weniger wichtig sind als die Retrospektive. 

Die Retrospektive ist der Motor für die kontinuierliche Verbesserung. Sie soll den Teammitgliedern helfen, herauszufinden, was gut funktioniert hat und was nicht. Wenn ihr diesen Teil der kontinuierlichen Schleife weglasst, riskiert ihr, dass die kontinuierliche Verbesserungsschleife zum Stillstand kommt.

 

Kalender ist zu voll? Evtl. experimentiert damit, einige agile Zeremonien ausfallen zu lassen.

Was wäre zum Beispiel, wenn ihr ein paar Dailies weg lasst? Weißt du, was passieren würde? Eventuell wird es vielleicht keine Auswirkungen haben – perfekt, dann könnt ihr es gleich so beibehalten und Zeit sparen. 

Auf der anderen Seite könnte dies aber auch zu einer schlechteren Kommunikation im Team führen. Das Team begeht deshalb Fehler. Am Ende wird es einen organischen Bedarf nach mehr Kommunikation geben, was ihr vsl. in der Retrospektive bemerken würdet. Diesmal wird aber nicht auf dein Drängen hin eine agile Zeremonie eingeführt, sondern auf Grund des “Schmerzes” des Teams. Dadurch wird die Akzeptanz für diese Zeremonie im Team viel größer sein.

6. Schau dir vergangene Retrospektive an und zeige ihren Wert

Ein Ansatz, der die anderen Ansätze ergänzen kann, ist ein Blick in die „Retrospektiven Geschichte“ des Teams über einen längeren Zeitraum. Die Voraussetzung dafür ist, dass einige der letzten Retrospektiven erfolgreich waren.

Z.B. schaut ihr euch die Retrospektive von vor einem Jahr an und stellst fest, wie schwierig diese Herausforderungen im letzten Jahr waren. Und dann bemerkt ihr, dass es heute so viel einfacher wäre, die gleichen Herausforderungen zu lösen, wenn man all das Wissen und die Erfahrung hätte, die ihr erworben habt.

Mit anderen Worten: Ihr erkennt, wie sehr ihr euch in der Zwischenzeit verbessert habt. Vielleicht könnte dieser Ansatz der „kontinuierlichen Verbesserung“ ja doch funktionieren?! Und die Retrospektiven könnten dabei in der Tat eine große Rolle gespielt haben. Richtig eingesetzt kann das durchaus zu einem Aha-Moment im Team führen.

Zusätzlich kannst du auch einen Blick auf den ROTI-Wert (Return on time investment) deiner letzten Retros werfen (siehe oben): Wenn du nachweisen kannst, dass die Retrospektive einen ROTI von 8 bis 10 hat, ist die Zeit offensichtlich gut investiert. Unser Retrospektiven-Tool Echometer fragt z.B. nach jeder Retrospektive den ROTI ab und gibt dir so einen regelmäßigen Indikator für die diesbezügliche Leistung von dir als Scrum Master

Die meisten Agile Coaches drehen sich im Kreis…

…und behandeln oberflächliche Symptome. Es wird Zeit, die Psychologie zu nutzen – für einen nachhaltigen Mindset Change.

„Viele Teammitglieder trauen sich nicht, den Mund aufzumachen!“

„Wir entdecken zu viele unerwartete Probleme und Bugs zu einem späten Zeitpunkt!“

„Warum brauche ich manchmal Stunden, um eine einfache Retrospektive vorzubereiten?“

7. Bringe mehr Abwechslung in deine Retrospektive

Eine der typischen Antworten auf die Frage „Das Entwicklungsteam hält die Sprint-Retrospektive für überflüssig – was soll der Scrum Master tun?“ ist, die Retrospektive produktiver und spannender zu machen, indem du mehr Abwechslung in deine Methoden bringst und sie unterhaltsamer gestaltest. Ich betone immer, dass „Spaß“ nicht so wichtig ist, der Fokus sollte immer noch darauf liegen, sie produktiv zu machen. Dennoch kann Spaß natürlich eine gewisse Kreativität und Motivation auslösen. 

Das bedeutet einerseits, dass du kreative Retrospektive Methoden verwenden kannst – siehe z. B. unseren Beitrag über 32 Retrospektive Methoden für Anfänger und Profis -, d. h. Metaphern in Form von offenen Fragen, die neue Gedanken und Ideen auslösen.

Andererseits kannst du auch Methoden anwenden, die über die typische Retrospektive hinausgehen, aber dennoch das Ziel haben, das Team zu verbessern. Du könntest zum Beispiel eine Retrospektive / einen Teamworkshop durchführen, der die psychologische Sicherheit im Team verbessert – eine der Kernvoraussetzungen für erfolgreiche Teams. 

Oder du verwendest unser Retro Tool Echometer, das deine Retrospektive kontinuierlich um wissenschaftlich fundierte Fragen ergänzt. Sie helfen dem Team, darüber zu reflektieren, inwieweit es die Kernmerkmale erfolgreicher Teams erfüllt. Hier ein Beispiel für eine der Fragen aus unserem Tool, eine weitere Voraussetzung für erfolgreiche Teams – eine gesunde Feedback-Kultur:

Ich erhalte regelmäßig nützliche Rückmeldungen darüber, wie gut meine Leistung ist und wie ich mich verbessern kann.

Beispiel für einen Impuls des Echometer Tools, der in Retrospektiven besprochen wird.

Es gibt viele andere Ansätze, um Abwechslung in deine Retros zu bringen – sei ruhig kreativ. 

Wie gesagt, je nachdem, „warum“ das Team die Sprint-Retrospektive für überflüssig hält, sollte mehr Abwechslung wahrscheinlich nicht die einzige Maßnahme sein, um das Problem zu lösen.

Fazit zu „überflüssigen Retros”

Wie du gesehen hast, gehen die 7 Tipps und Maßnahmen die Herausforderung auf verschiedenen Ebenen an. Wenn ich nur einen Tipp geben müsste, dann wäre es, die Retrospektive auf intelligente Weise zu verkürzen, wie ich oben skizziert habe. Wenn du all diese Maßnahmen kombinierst, wirst du sicherlich sehr bald Ergebnisse sehen. 

Viel Spaß bei eurer #kontinuierlichen Verbesserung!

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