Die Teamentwicklung kann bei Entscheidungen im Team schnell gestört werden. Vielleicht kennt ihr das? Es steht eine wichtige Entscheidung im Team an, aber nach dem Meeting hast du das Gefühl, nicht wirklich gehört worden zu sein und insgesamt fühlt sich alles ein bisschen nach faulem Kompromiss an? Dann bist du nicht alleine! Denn viele Entscheidungsprozesse im Team laufen weitaus weniger strukturiert und rational ab, als sie sollten. Hier lernst du sieben typische Denkfehler kennen, dessen Reflexion dir bei der Teamentwicklung und bei Entscheidungen im Team weiterhelfen:
1. Denkfehler: Alternativblindheit
Starinvestor Warren Buffett ist in seinem Denken eine Ausnahmeerscheinung, denn er ist nicht auf dem alternativen Auge blind. Er befolgt nämlich den Grundsatz ,,Jeder unserer Deals wird am zweitbesten Deal gemessen, der zu einer bestimmten Zeit möglich ist – selbst wenn es bedeutet, mehr von dem zu tun, was wir bereits tun.“ Doch die Buffetts dieser Welt sind rar gesät und wir Normalbürger haben die starke Tendenz, eine Option A nicht mit ihren Alternativen B bis F, sondern mit dem Status Quo zu vergleichen. So kann es beispielsweise vorkommen, dass im Bürogebäude ein leerstehender Raum zu einem weiteren Abstellraum umfunktioniert wird, mit der Begründung: ,,Besser ein Abstellraum, als die Fläche gar nicht zu nutzen.” Dabei müsste man sich eigentlich nicht fragen, ob ein Abstellraum besser ist als Leerstand, sondern besser als ein Entspannungsraum für die Mitarbeiter oder ein lärmgedämmtes Büro für den Vieltelefonierer oder, oder, oder…
2. Denkfehler: Salienz Effekt
Das augenscheinlichste, das salienteste Merkmal ist nicht zwangsläufig das entscheidende und sollte dementsprechend nicht als solches gewichtet werden. Und doch lassen wir uns oft blenden von schrillen Informationen und scheinbaren Zusammenhängen. Für eine qualitativ hochwertige Entscheidung sollten wir aber immer alle verfügbaren Informationen zu Rate ziehen und nicht nur die schnell verfügbaren. Zum Beispiel sieht der Bewerber sehr attraktiv aus – und schon finden wir ihn auch sympathisch. Ist das wirklich sinnvoll? Ein wichtiger Effekt, wenn „Teamentwicklung gestalten“ auf der Agenda steht.
3. Denkfehler: Social Proof
Nur weil viele Leute etwas behaupten, ist es nicht automatisch wahr. Nur weil viele Leute ein Produkt kaufen, ist es nicht automatisch hochwertig. Und nur weil viele Leute dieselbe Entscheidung treffen, ist sie nicht automatisch gut. Denn auch wenn es evolutionär sehr sinnvoll ist sich am Verhalten anderer Menschen zu orientieren, so kann uns dieses Bestreben in Entscheidungssituationen zu absurden Zugeständnissen verleiten. Schon mal vom Solomon-Asch-Experiment gehört? Nein? Dann kannst du hier alles dazu lesen und weitere spannenden Erkenntnisse zum Gruppendenken erlangen.
4. Denkfehler: Authority Bias
Würdest du jemandem extrem starke Stromschläge verpassen, nur weil ein Experte im weißen Kittel dir sagt, du sollst es tun? Deine innere Antwort ist hoffentlich nein, doch psychologische Experimente (u.a. Milgram, 1978) und die Geschichte haben gezeigt, dass wir Menschen sehr anfällig für den Authority Bias sind und Experten quasi blind vertrauen und folgen. Das kann uns bei Entscheidungen im Team ordentlich zum Verhängnis werden. Prüft deshalb Aussagen und Vorschläge immer auf ihre inhaltliche Qualität und lasst euch nicht von weißen Kitteln, teuren Anzügen und einem vermeintlichen Expertenstatus blenden. Es sollte immer darum gehen, was gesagt wurden und nicht darum, von wem es gesagt wurde!
5. Denkfehler: Not-Invented-Here Syndrom
Wie oft denkt man über die eigenen Ideen “Was für ein Geistesblitz!” oder “Million Dollar Idea!”? Und wie oft entsteht tatsächlich etwas Großes aus diesen Ideen? Ganz genau 🙂 Wir haben nämlich die ausgeprägte Tendenz, unsere eigenen Einfälle und und unsere eigene Arbeit überproportional stark zu beklatschen und alles Fremde unterzuordnen. Doch nur weil etwas nicht hier erfunden wurde, ist es nicht gleich schlecht! Und nur weil etwas hier erfunden wurde, ist es nicht gleich gut! Bleibt kritisch gegenüber den eigenen Ideen und offen für fremde. Wenn man Teamentwicklung gestalten will, sollten Teammitglieder dafür sensibilisiert werden.
6. Denkfehler: Aufwandsbegründung/ Effort Justification
Habt ihr schon mal sehr lange an einem Projekt gearbeitet und am Ende war es, gelinde gesagt, einfach nicht besonders gut? Und konntet ihr euch trotzdem kaum davon trennen? Klassischer Fall von Effort Justification! Denn wir messen den Dingen einen höheren ideellen und/oder monetären Wert bei, für die wir uns (sehr) anstrengen mussten. Warum sonst sieht man das selbst zusammengebaute Billy-Regal als die Krone des Interior Designs und die Uni-Brüderschaft mit den nahezu unmenschlichen Aufnahmeritualen als begehrenswerten Zusammenschluss toller Menschen an? Deshalb ist es wichtig, bei Entscheidungen im Team immer zu prüfen, ob es sich wirklich um eine gute Idee und um gute Arbeit handelt, oder bloß um aufwändige! Dann sollte es heißen “Bye Bye Fehlschuss und auf zu neuen Ufern.” Auch wenn es schwer fällt!
7. Denkfehler: Entscheidungsermüdung
Es kommt nicht nur darauf an, wie man Entscheidungen trifft, sondern auch wann! Denn Entscheidungen sind anstrengend! Jeder, der schon einmal in einem Schnellimbiss sein eigenes Sandwich zusammenstellen sollte und nach dem Prüfen zahlreicher Kombinationen vor lauter Erschöpfung doch das Sandwich des Tages gewählt hat, kennt das! Um wirklich durchdachte Entscheidungen zu treffen und auch mal etwas Neues zu wagen brauchen wir Kraft! Deswegen sollten wichtige Team-Entscheidungen dann getroffen werden, wenn alle Mitarbeiter möglichst ausgeruht und mit solidem Blutzuckerspiegel ausgestattet sind. Und das ist nicht unbedingt direkt vor der Mittagspause oder kurz vorm Feierabend.
Teamentwicklung nachhaltig gestalten?
Die Software Echometer macht es möglich, Verhaltensmuster im Team zu reflektieren und durch den Austausch dazu die Weiterentwicklung des Teams nachhaltig voranzutreiben.
Denkfehler bei Entscheidungen im Team vermeiden – Tipps für die Praxis
Das Wissen um Denkfehler bei Entscheidungen im Team ist der erste Schritt, um diese zu vermeiden und so Teamentwicklung zu gestalten. Zusätzlich haben wir drei Tipps für euch, damit ihr euch noch effektiver vor ihnen schützen könnt.
Tipp 1: Die Denkfehler-Checkliste
So simple, so good! Stellt euch eine Checkliste aus den oben beschriebenen Denkfehlern (und gegebenenfalls auch noch weiteren) zusammen und arbeitet sie immer dann durch, wenn eine Entscheidung im Team ansteht.
Tipp 2: Advocatus Diaboli
Weist je nach Teamgröße jedem Teammitglied einen oder mehrere Denkfehler zu und macht sie oder ihn zum Experten für diesen speziellen Fallstrick. Wenn immer nun eine Entscheidung getroffen werden soll, prüft jeder diese kritisch und intensiv auf “seinen” Bias. Aber alle anderen denken trotzdem mit! Wir wollen ja schließlich nicht dem Authority Bias zum Opfer fallen 😉
Tipp 3: Idee von Bewertung trennen
Wir haben gelernt, dass wir scheinbar äußerst nebelt von unseren eigenen Ideen sind und diese kaum rational auf ihre Qualität prüfen können. Deshalb solltet ihr die Ideengenerierung von deren Bewertung trennen. Teilt dafür euer Team in zwei Gruppen und lasst die eine Ideen entwickeln und die andere diese Ideen mit dem ungefilterten Brennglas der Objektivität bewerten. Damit schlagt ihr multiplen Denkfehlern ein Schnippchen!
Literaturempfehlungen zu Denkfehlern
Rolf Dobelli – Die Kunst des klaren Denkens (2011) und Rolf Dobelli – Die Kunst des klugen Handelns (2012)
Quellen zur Teamentwicklung
Asch, S. E. (1951). Effects of group pressure upon the modification and distortion of judgments. Organizational influence processes, 295-303.
Buehler, R., Griffin, D., & Ross, M. (1994). Exploring the“ planning fallacy“: Why people underestimate their task completion times. Journal of personality and social psychology, 67(3), 366.
Cialdini, R. B., & Cialdini, R. B. (1993). Influence: The psychology of persuasion.
Katz, R., & Allen, T. J. (1982). Investigating the Not Invented Here (NIH) syndrome: A look at the performance, tenure, and communication patterns of 50 R & D Project Groups. R&d Management, 12(1), 7-20.
Loewenstein, G., Read, D., & Baumeister, R. F. (Eds.). (2003). Time and decision: Economic and psychological perspectives of intertemporal choice. Russell Sage Foundation.
Milgram, S., & Gudehus, C. (1978). Obedience to authority.
Norton, M. I., Mochon, D., & Ariely, D. (2012). The IKEA effect: When labor leads to love. Journal of consumer psychology, 22(3), 453-460.
Plous, S. (1993). The psychology of judgment and decision making. Mcgraw-Hill Book Company.