Jede:r der:die schon mal einen Marathon gelaufen ist, weiß, warum Sustainable Pace ein kritischer Erfolgsfaktor ist: Einmal zu schnell gewesen und es kostet überproportional viel Zeit, um sich von der Erschöpfung wieder zu erholen. Auch in agilen Teams spielt “Sustainable Pace” eine wichtige Rolle.
Los geht’s!
Was ist Sustainable Pace?
Sustainable Pace ist die Geschwindigkeit, die man theoretisch für einen unendlich langen Zeitraum halten kann. Bei agilen Teams bezieht sich diese Geschwindigkeit insbesondere auf den Output, den ein Team innerhalb eines Sprint-Zykluses liefern kann – ohne dabei technische Schulden aufzubauen oder Teammitglieder auszubrennen.
Im Kern geht es bei Sustainable Pace darum, jeden Tag in der Lage zu sein, erfrischt mit der Arbeit zu starten und sei in der Lage, sein Bestes zu geben.
Warum ist Sustainable Pace wichtig in agilen Teams?
Sustainable Pace ist wichtig für agile Teams, weil nur bei einer nachhaltigen Geschwindigkeit das Wohlbefinden und die Produktivität der Teams langfristig sichergestellt werden kann.
Überarbeiten sich Teams über einen längeren Zeitraum hat das ernsthafte Konsequenzen:
- Regelmäßige Überstunden, ein erhöhtes Stresslevel und verschlechterte Teammoral
- Verschlechterte Kommunikation und weniger gegenseitige Unterstützung
- Wenig Zeit für die Einarbeitung in neue, oder innovative Themen
- “Best practices” werden vernachlässigt
- Weniger Impulse für Veränderungen aus dem Team
- Aufbau technischer Schulden
- Mehr Flüchtigkeitsfehler und eine höhere Fehlerquote
Die Einhaltung der nachhaltigen Geschwindigkeit sollte also jedem Stakeholder eines Teams am Herzen liegen.
Warum ist das Einhalten von Sustainable Pace in der Praxis schwierig?
In der Praxis ist es sehr leicht, in einen ungesunden Arbeitsmodus zu kommen und zu “overpacen”. Die Auslöser dafür sind häufig:
- Unrealistische Erwartungen (von Stakeholdern der Teams)
- Überambitionierte Sprintziele des Teams
- “Scope Creeping”, also nachträgliche Erweiterungen des Arbeitsumfangs während des Sprints, sodass mehr Arbeit notwendig ist als ursprünglich eingeplant
- Kurzfristige Deadlines, die Überstunden erfordern
Das Problem: Ist ein Team einmal “Overpaced” kommen die oben genannten negativen Konsequenzen zu tragen und man fokussiert sich auf die Lösung der Sympthome und übersieht dabei das darunter liegende Kernursache: Unsustainable Pace.
Es kann sehr schwierig für agile Teams sein, aus einer nicht nachhaltigen Routine herauszukommen – insbesondere, wenn es durch die natürliche Betriebsblindheit schwer fällt, Unsustainable Pace als die Kernursachen zu erkennen.
Aber es gibt natürlich Wege zurück:
Tipps um Sustainable Pace in agilen Teams zu erreichen und zu halten
Tipp 1 für Sustainable Pace: Erreichbare Sprintziele
Teams sollten es sich nicht zur Angewohnheit machen, überambitionierte Sprintziele zu formulieren. Bei OKRs gibt es sogenannte “Stretch-Goals” bei denen man versucht, zumindest 80% zu schaffen (Stretch Goals in OKR). Auf solche Stretch Goals sollte man bei der Definition Sprintzielen verzichten. Es sollte zu 100% möglich sein, das Sprintziel zu erreichen.
Häufig fehlt Teams die Stärke “Nein” zu sagen, wenn das Management oder Stakeholder zu hohe Anforderungen an den Inhalt des nächsten Sprints stellen. Als Scrum Master oder Agile Coach kann man hier das Team unterstützen, seine Rechte gegenüber Stakeholdern einzufordern.
Darüber hinaus gilt es am Ende des Sprints zu reflektieren, ob man das Sprintziel auch ohne Überstunden erreichen konnte. Falls Überstunden notwendig waren, sollte das Sprintziel als nicht erreicht gelten. Darauf basierend kann das Team kontinuierlich lernen, wie viel Arbeit tatsächlich in der regulären Arbeitszeit erledigt werden kann.
Tipp 2 für Sustainable Pace: Management Awareness
Manager:innen kennen aus dem OKR-Kontext häufig sogenannte “Stretch-Goals” bei denen man versucht, zumindest 80% zu schaffen. Auf solche Stretch Goals sollte man bei der Definition Sprintzielen allerdings verzichten. Es sollte stets zu 100% möglich sein, das Sprintziel zu erreichen.
Agile Coaches und Scrum Master sollten dem Management die Wichtigkeit von Sustainable Pace für die langfristigen Erfolg des Unternehmens vermitteln. In der Regel stimmen Manager:innnen zu, dass kurzfristige Erfolge es nicht wert sind, die mittel- und langfristige Produktivität der Teams zu gefährden.
Tipp 3 für Sustainable Pace: Cooldown Perioden
Gerade, wenn man aus einer stressigen Zeit kommt, braucht es eine Erholungsphase, um neuen Schwung zu holen.
Es ist kein Zufall, dass zum Beispiel das Framework ShapeUp regelmäßige Cooldown-Perioden einplant. In diesen Perioden können die Teams an selbst gewählten Themen arbeiten. Die Zeit kann genutzt werden, um Fehler zu beheben, neue Ideen zu entwickeln oder neue technische Möglichkeiten auszuprobieren (siehe ShapeUp)
Tipp 4 für Sustainable Pace: Sprint Retrospektiven
Du hast das Gefühl “Sustainable Pace” könnte ein Problem sein? Reflektiere es am besten mit deinem Team. Mit diesen Fragen kannst du in der Retrospektive eine Diskussion dazu beginnen:
- Als Check-In: “Auf einer Skala von 0 bis 10: Wo würdest du uns als Team einordnen von 0 = Underpaced, 5 = Sustainable Pace bis 10 = Overpaced?”
- Welche Symptome der Überlastung (hoher Stress) können wir in unserem Team beobachten?
- Wofür haben wir uns als Team kürzlich zu wenig Zeit genommen?
- Was würdest du machen, wenn du für eine Woche komplett selber bestimmen könntest, an was du arbeitest?
Tipp 5 für Sustainable Pace: Team Health Checks
Für ein kontinuierliches Monitoring, kann man auch eine regelmäßige Team Health Abfrage machen. Hierfür bieten sich zum Beispiel folgende Health Check-Items an:
- Wir brauchen keine Überstunden, um unsere Sprintziele zu erreichen.
- Wir sind vorsichtig genug, nicht zu viel zu versprechen, aber gleichzeitig auch ambitioniert.
- Wir haben den Mut, auch mal “Nein” zu sagen, wenn es sein muss.
- Ich kann Stress bei der Arbeit abschütteln und bekomme so den Kopf frei für neue Aufgaben.
- Ich bin frei, meine Arbeit zeitlich so einzuteilen, wie es mir passt.
- Bei meiner Arbeit ist genügend Zeit verfügbar, um innovativen Ideen nachzugehen.
Tipp 6 für Sustainable Pace: Tausch dich mit Peers aus (Unser Meetup)
Um zu reflektieren, hilft nichts mehr, als ein Austausch mit Peers aus anderen Teams und am besten sogar anderen Unternehmen.
Deshalb hosten wir am 15 Juni 2023 unser Echometer Meetup zum Thema “Nailing Sustainable Pace in agilen Teams”.
Dabei schaffen wir eine offene Plattform, um einen offenen Erfahrungsaustausch mit Peers zu starten. Sei dabei!
Mehr erfahren und zum Meetup anmelden
Bonus: Klugscheißer-Wissen zu Sustainable Pace
Ein bisschen Geschichte: Sustainable Pace ist nichts Neues
Schon früh in der Geschichte von agilen Arbeitsweisen hat man sich Gedanken zu Sustainable Pace gemacht. Ja, sogar schon lange bevor der erste Scrum Guide in 2010 veröffentlicht wurde (Die Geschichte des Scrum Guides).
Der Ursprung von Sustainable Pace liegt im XP (eXtremeProgramming) von Kent Beck aus 1996. Auch im agilen Manifest kommt es vor:
Namensgeber für Sustainable Pace war wahrscheinlich initial Ron Jeffries (ebenfalls einer der Unterzeichner des agilen Manifests).